Vorgetäuschter Eigenbedarf: Schadensersatzanspruch Mieter auch bei unwirksamer Kündigung

Täuscht der Vermieter Eigenbedarf vor und kündigt das Mietverhältnis daraufhin, steht dem Mieter auch dann Schadensersatz zu, wenn die Kündigung unwirksam ist

Ein Artikel von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Berlin und Essen, zum BGH Urteil vom 08. April 2009 – VIII ZR 231/07 –, juris.

Ausgangslage:

Erhalten Mieter eine Kündigung wegen Eigenbedarfs, wird oft ein Vergleich mit dem Vermieter geschlossen, demgemäß sie sich nach einer Abfindungszahlung zum Auszug verpflichten. Kommt danach heraus, dass der Eigenbedarf nicht bestand, sondern nur vorgetäuscht wurde, ist das ärgerlich und führt oft zum Ruf nach Schadensersatz.

Bei der Vortäuschung von Eigenbedarf schuldet der Vermieter dem Mieter grundsätzlich Schadensersatz, z.B. die Umzugskosten oder die höhere Miete in der neuen Wohnung). War die Eigenbedarfskündigung unwirksam, kann etwas anderes gelten, da der Vermieter keinen Räumungsanspruch gegen den Mieter hatte. Wusste der Mieter, dass die Eigenbedarfskündigung unwirksam war und hat sich dennoch auf die Räumung nach Zahlung der Abfindung eingelassen, wird ihm höchstwahrscheinlich vorzuwerfen sein, dass die Kündigung wegen Eigenbedarfs nicht der eigentliche Grund für die Einigung war.

Dies gilt dann nicht, wenn durch den Vermieter angenommen werden durfte, dass ein entsprechender Anspruch des Vermieters bestand. Ist die Kündigung beispielsweise wegen Formmängeln unwirksam, kann nicht von dem Mieter als Laie erwartet werden, dass er dies erkennt. Nimmt der Mieter jedoch professionelle Beratung in Anspruch, kann die Sachlage eine andere sein. Eine andere Bewertung kann ebenfalls dann nötig sein, wenn aus Indizien hervorgeht, dass die Parteien trotz Kenntnis der Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung gehandelt haben. Möglich wäre eine solche Situation z.B. dann, wenn ein richterlicher Hinweis an die Parteien ergangen ist. Dann kann der Mieter nicht behaupten, er sei von einer wirksamen Eigenbedarfskündigung ausgegangen.

Urteil des Bundesgerichtshofs:

Einem Mieter, der auf eine Kündigung wegen eines vorgetäuschten Eigenbedarfs hin auszieht, stehen Schadensersatzansprüche wegen unberechtigter Kündigung auch dann zu, wenn die Kündigung zwar formell unwirksam ist, der Vermieter ihm den Eigenbedarf aber schlüssig dargetan und er keine Veranlassung hatte, die Angaben des Vermieters in Zweifel zu ziehen. Darf der Mieter das Räumungsverlangen des Vermieters materiell für berechtigt halten, wird sein Schadensersatzanspruch nicht dadurch ausgeschlossen, dass er – in der Vorstellung, zur Räumung des Mietobjekts verpflichtet zu sein – sich mit dem Vermieter auf eine einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses einigt (BGH, Urteil vom 08. April 2009 – VIII ZR 231/07 –, juris).

Bewertung:

Mit einem Vergleich, der über eine Räumung aus Eigenbedarf geschlossen werden soll, sollte vorsichtig umgegangen werden. Vorab ist eine genaue Überprüfung der Voraussetzungen des Eigenbedarfs zu empfehlen. Das vorliegende Urteil spricht dem Mieter zwar auch dann einen Schadensersatzanspruch zu, wenn er sich später einigt. Eine andere Beurteilung ist jedoch vorzunehmen, wenn der Mieter bereits bei Einigung des Räumungsvergeichs von einer Unwirksamkeit der Kündigung ausgeht. Im Zweifel sollte man in die Einigung aufnehmen, dass von einer wirksamen Geltendmachung des Eigenbedarfs bzw. Eigenbedarfskündigung ausgegangen wird.

Fachanwaltstipp Vermieter:

Vorgetäuschter Eigenbedarf kann zu sehr hohen Kosten führen, da unter Umständen jahrelang eine höhere Miete in einer neuen Wohnung zu erstatten ist. Trotz Vorhandenseins eines tatsächlichen Eigenbedarfs, sind strenge Anforderungen an eine Eigenbedarfskündigung zu stellen. Eine professionelle Beratung ist daher ratsam, da dies allemal günstiger ist als ein verlorener Räumungsprozess.