Angebot einer Alternativwohnung während der Kündigungsfrist

Zur Rechtsmissbräuchlichkeit einer Eigenbedarfskündigung wegen der Verletzung der Pflicht des Vermieters zum Anbieten einer Alternativwohnung

Ein Kommentar zum Urteil des Amtsgerichts Köln, Urteil vom 08. Februar 2013 – 205 C 3/12 –, juris, von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Berlin.

Fachanwalt zur Ausgangslage:

Kündigt der Vermieter einem Mieter wegen Eigenbedarfs, so ist er dazu verpflichtet diesem alternative Wohnungen anzubieten, die ab Zugang der Kündigung bis zum Ende des Mietverhältnisses frei sind.

Allerdings darf keine Anbietpflicht für Wohnungen konstruiert werden, die dadurch dem allgemeinen Wohnungsmarkt entzogen werden, was in die Eigentumsfreiheit gemäß Art. 14 GG eingreifen würde.  (BVerfG NJW 1994, 435).

Rechtsanwalt Bredereck zum entschiedenen Fall:

Der Vermieter, der das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs gekündigt hatte, wollte die freiwerdende Wohnung dem Wohnungsmarkt dadurch entziehen, dass er die Wohnung in Eigenregie kernsanierte. Dafür nahm er sich über die gesamte Kündigungsfrist hinweg Zeit und vermietet die ursprünglich als Alternative für den Mieter gedachte Wohnung einen Monat vor Ablauf der Kündigungsfrist.

Urteil:

Bei der Kündigung einer Mietwohnung wegen Eigenbedarfs ist zwar grundsätzlich die Entscheidung des Vermieters, welche der ihm gehörenden Wohnungen er nutzen will, zu respektieren. Es kann jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Kündigung von Wohnraum in die Lebensführung eines Mieters besonders stark eingreift. Der Vermieter ist deshalb gehalten, diesen Eingriff abzumildern, soweit ihm dies möglich ist. Ausnahmsweise ist eine (berechtigte) Eigenbedarfskündigung daher dann rechtsmissbräuchlich, wenn dem Vermieter eine vergleichbare andere Wohnung im selben Anwesen oder in derselben Wohnanlage zur Verfügung steht und er diese dem Mieter nicht anbietet, obwohl er die Wohnung erneut vermieten will (BGH vom 09.07.2003, VIII ZR 276/02; BGH vom 13.10.2010, VIII ZT 78/10 Rn. 14 nach juris).

Ein Eingriff in Art. 14 I 1 GG liegt im vorliegenden Fall … nicht vor. Denn anders als in dem vom BVerfG zu beurteilenden Fall sollte die Wohnung nicht durch den Eigentümer selbst oder durch einen nahen Angehörigen genutzt werden und dem Wohnungsmarkt auf diese Weise entzogen werden. Vielmehr sollten Modernisierungsarbeiten stattfinden nach deren unmittelbaren Abschluss die Wohnung wieder vermietet wurde. Anders als im vom BVerfG entschiedenen Fall ist die Wohnung tatsächlich unbewohnt und dem Vermieter stünde es frei, Modernisierungsarbeiten im Rahmen des § 554 BGB während der Mietzeit durchzuführen. Der Vermieter hat hier bezüglich seines Eigentums gerade die Entscheidung für eine unmittelbare Weitervermietung nach Abschluss der Arbeiten getroffen. Soweit die Wohnung während der Renovierungsarbeiten faktisch dem Wohnungsmarkt entzogen war, führt das nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn auch wenn die Wohnung leer stünde und sie der Eigentümer nicht inserieren würde, wäre eine Anmietung nicht möglich. Dann bestünde aber eine Anbietpflicht. Letztlich hätte es der Eigentümer einer frei werdenden Wohnung selbst in der Hand, sich seiner Anbietpflicht zu entziehen, indem er Modernisierungsmaßnahmen behauptet oder über Gebühr ausdehnt.
(AG Köln, Urteil vom 08. Februar 2013 – 205 C 3/12 –, juris)

Bewertung:

Zu Recht wurde dieses Verhalten des Vermieters für unzulässig befunden, denn fasst man die Möglichkeit eine Wohnung dem Wohnungsmarkt zu entziehen derart weit, liefe die Anbietpflicht des Vermieters quasi ins Leere.

Fachanwaltstipp Vermieter:

Entscheidend ist letztendlich zu Recht, dass der Vermieter sich nur dann nicht auf den Wegfall der Anbietpflicht berufen kann, wenn die Wohnung dauerhaft dem Wohnungsmarkt entzogen werden soll. Empfehlenswert ist daher, sich vorab genau mit der Rechtsprechung zu befassen. Anders wäre die Entscheidung wohl dann ausgefallen, wenn wie im Fall der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Wohnung von Familienangehörigen hätte genutzt werden sollen.