Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung bei überhöhtem Wohnbedarf

Die Unwirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung kann sich aus der Geltendmachung eines überhöhten Wohnbedarfs durch den Vermieter ergeben.

Zum Urteil des Amtsgerichts Köpenick (Urteil vom 17. September 2013 – 14 C 16/13 –, juris) ein Kommentar von Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.

Ausgangslage:

Bei einer Eigenbedarfskündigung muss vom Vermieter grundsätzlich dargelegt werden, dass und in welchem Umfang die betroffene Wohnung in Zukunft von ihm genutzt werden soll. Die Frage, ob die Gerichte dem Vermieter hier hinsichtlich der Höhe des Wohnbedarfs Begrenzungen setzen können, ist in der Rechtsprechung umstritten. Es dreht sich um die Frage, ob ein Vermieter z.B. auch die Nachbarwohnung neben der von ihm bewohnten noch wegen Eigenbedarfs kündigen kann, weil er mehr Quadratmeter benötige. Die Anwortlautet: Das ist möglich. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung und zudem auch der Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes dürfen die Gerichte die Einschätzung des Vermieters nicht durch ihre eigenen Wertungen ersetzen (ganz aktuell wieder vom Bundesverfassungsgericht bejaht im Fall eines Arztes, der wegen Eigenbedarfs kündigte, weil er die Wohnung für den Aufenthalt im Rahmen von gelegentlichen Besuchen bei seiner Stieftochter benötigte).

Fall:

Im entschiedenen Fall vor dem Amtsgericht Köpenick hatte ein Vermieter wegen Eigenbedarfs eine 100 m² große 5-Zimmer-Wohnung gekündigt, weil in dieser seine allein lebende achtzehnjährige einkommenslose Tochter sowie ab und zu auch er selbst wohnen sollten.

Entscheidung:

Das Amtsgericht Köpenick hat die Räumungsklage des Vermieters abgewiesen.

Zur Begründung hat es auf überhöhten Wohnbedarf verwiesen, da der Eigenbedarf hinsichtlich einer 100 qm großen Fünfzimmerwohnung für die achtzehnjährige Tochter des Vermieters geltend gemacht wird, die darin zunächst alleine wohnen will und weder über eine Ausbildungsstelle, noch einen Arbeitsplatz, noch über eigenes Einkommen verfügt.

Auch der Umstand, dass der auswärtig lebende Vater (Vermieter) die Wohnung zeitweise auch selbst nutzen möchte, um von hier aus Verwaltungsmaßnahmen bezüglich des Hausgrundstücks durchzuführen, ließ das Gericht unbeeindruckt. Das Amtsgericht Köpenick: Denn der Vermieter benötigt die Mieträume nicht als Wohnung für sich, weil er seinen Lebensmittelpunkt nicht dorthin verlegen, sondern dort nur gelegentlich nächtigen will. (AG Köpenick, Urteil vom 17. September 2013 – 14 C 16/13 –, juris)

Bewertung:

Mit dieser Begründung jedenfalls dürfte das Urteil so nicht haltbar sein. Das Bundesverfassungsgericht hat in dem oben bereits erwähnten Fall noch einmal ausdrücklich klargestellt, dass es nicht Sache der Gerichte ist, die Vernünftigkeit des beanspruchten Wohnbedarfs zu bewerten. In dem Fall des Bundesverfassungsgerichts wollte der Arzt (Vermieter) die Wohnung ja nur für sich und nur um seine Tochter gelegentlich zu besuchen und dann darin zu wohnen.

Aus meiner Sicht müssen derartige Fälle in der Bewertung grundsätzlich anders aufgezogen werden. Es geht hier letztlich eigentlich um die Frage der Plausibilität der geltend gemachten Gründe für den Eigenbedarf. An dieser Stelle sind Kündigungen, die offensichtlich auf einen überzogenen Wohnbedarf gestützt werden, der so weit über dem üblichen Umfang des Gebrauchs steht, unter einen erhöhten Begründungsbedarf zu stellen. Die vom Vermieter geltend gemachten Gründe sind, wenn sie vom Mieter bestritten werden, im Rahmen der Beweisaufnahme über die inneren Tatsachen besonders sorgfältig und kritisch zu würdigen.

Mit der hiesigen Begründung kommt das Amtsgericht allerdings in jedem Falle in Kollision mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Auch dem Mieter wird so ein Bärendienst erwiesen, da zu vermuten steht, dass das Landgericht Berlin sich dann auf die Seite des Vermieters schlagen wird. Der Fall wird dann leider so ähnlich verlaufen, wie der Fall, den das Bundesverfassungsgericht jüngst entschieden hatte. Auch dort hatte der Mieter zunächst vor dem Amtsgericht obsiegt.

Fachanwaltstipp Vermieter:

Auch wenn Ihnen das Bundesverfassungsgericht einen weiten Spielraum bei der Bestimmung des Umfangs ihres Mietgebrauchs lässt: Übertreiben Sie es nicht. Gerade die Amtsgerichte sind hier deutlich strenger. Sie müssen dann zumindest mit einem längeren Prozessverlauf bis hin zum Landgericht oder sogar noch weiter rechnen.

 

Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung bei überhöhtem Wohnbedarf: