Grundlagen – Die Voraussetzungen einer Eigenbedarfskündigung

 

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Das Video mit den Hinweisen finden Sie am Ende dieses Beitrages (hier).

Voraussetzungen der Eigenbedarfskündigung für Vermieter
Grundlagen - Die Voraussetzungen einer Eigenbedarfskuendigung

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Inhalt:
  1. Wer kann Eigenbedarf geltend machen?
  2. Voraussetzung: Vermieter benötigt die Wohnung für sich oder Dritte
  3. Welche Kündigungsfrist ist einzuhalten?
  4. Gilt eine Sperrfrist?
  5. Ist die Eigenbedarfskündigung mietvertraglich ausgeschlossen?
  6. Gibt es eine Anbietpflicht des Vermieters für Alternativwohnungen?

 

1. Wer kann Eigenbedarf geltend machen?

a. Eigenbedarf für natürliche Person - Klicken Sie hier für weitere Informationen

Eigenbedarf kann grundsätzlich der Vermieter geltend machen. Der Vermieter muss nicht gleichzeitig Eigentümer der Wohnung sein. Auch der Vermieter eines Untermietvertrags, der selbst nur Mieter ist, kann sich grundsätzlich auf Eigenbedarf berufen.

Ist der Vermieter eine natürliche Person, ist der Eigenbedarf unproblematisch, da eine Nutzung als Wohnraum immer möglich ist.

Bei mehreren Vermietern genügt es, wenn ein Vermieter die Räume als Wohnung nutzen will.

b. Eigenbedarf für eine juristische Person - Für weitere Informationen klicken Sie hier

Sollte Eigenbedarf für eine juristische Person geltend gemacht werden, bitte unbedingt hier weiterlesen.

Juristische Personen können grundsätzlich keinen Eigenbedarf geltend machen, da diese nicht „wohnen“ können.

Juristische Personen (GmbH, Aktiengesellschaft, Verein) haben grundsätzlich kein Recht zur Eigenbedarfskündigung. Dies folgt zunächst daraus, dass die juristischen Personen selbst die Räume nicht als „Wohnung“ nutzen können. Sie könnten den Eigenbedarf allenfalls für ihre Gesellschafter, gesetzlichen Vertreter, Mitglieder oder Angestellten geltend machen. Diese sind aber nicht mit dem Vermieter identisch. Sie sind auch keine Angehörigen des Vermieters und gehören ebenfalls nicht zu dessen Haushalt. Das gilt auch für Alleingesellschafter, die über die Räumlichkeiten an sich wirtschaftlich verfügen können.

Sonderfall Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR): Für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) hat der Bundesgerichtshof die Eigenbedarfskündigung in diversen Entscheidungen ausdrücklich zugelassen. Dies gilt auch dann, wenn lediglich für einen Gesellschafter Eigenbedarf geltend gemacht wird. Ob dies ebenfalls gilt, wenn lediglich für einen Angehörigen eines Gesellschafters Eigenbedarf geltend gemacht wird, ist noch nicht entschieden. Aus meiner Sicht wäre eine solche Auslegung allerdings konsequent.

Ausnahme für den Geschäftsführer einer GmbH: Eine Ausnahme von diesem Grundsatz soll gelten, wenn die Nutzung einer bestimmten Wohnung durch den Geschäftsführer einer GmbH aus betrieblichen Gründen dringend erforderlich ist. Hier soll dem Vermieter ein sogenannter gesteigerter Betriebsbedarf zugute gehalten werden (LG Berlin GE 1999, S. 506).

Problemfall Personengesellschaft : Die Möglichkeit von Eigenbedarf einer Personengesellschaft (GbR, OHG, KG) ist umstritten.

 

2. Voraussetzung: Vermieter benötigt die Wohnung für sich oder Dritte

Weitere Voraussetzungen sind, dass der Vermieter, die Räume als Wohnung

a. für sich - Klicken Sie hier für weitere Informationen

Der Vermieter muss die Wohnung für sich selbst nutzen wollen.

Bei der Nutzung muss die Nutzung des Vermieters für sich selbst im Vordergrund stehen. Werden daneben noch weitere Zwecke verfolgt, schadet dies nicht grundsätzlich. So ist es unproblematisch, wenn der Vermieter zusätzlich weitere Personen in die Wohnung aufnehmen will. Die Grenze ist hier jedenfalls dann erreicht, wenn die Eigennutzung nicht mehr im Vordergrund steht.

Beispiel: Will der Vermieter einen Teil der Wohnung selbst nutzen und den Rest an Dritte vermieten, wird eine Eigenbedarfskündigung problematisch. Jedenfalls dann, wenn der überwiegende Teil vermietet werden soll, dürfte es sich um eine gewerbliche Nutzung handeln. Eine Eigenbedarfskündigung wäre unwirksam.

b. für Familienangehörige - Klicken Sie hier für weitere Informationen

Um den Tatbestand der Familienangehörigkeit nicht völlig ausufern zu lassen, unterscheidet die Rechtsprechung hier zwischen engen Familienangehörigen und entfernteren Verwandten.

Enge Familienangehörige (Ehegatten, Kinder, Eltern, Geschwister, Enkelkinder, Stiefkinder, Schwiegereltern, Schwager/Schwägerin und Neffe/Nichte): Für diese Personen ist der Eigenbedarf ohne weitere Begründung durchsetzbar.

Entferntere Verwandte (Verwandte, die nicht zu den engeren Familienangehörigen zählen, wie etwa die Tochter eines Cousins, Großtante): Hier muss der Vermieter neben der Verwandtschaft gegenüber den Angehörigen rechtlich oder moralisch zur Unterhaltsgewährung oder sonstiger Fürsorge verpflichtet sein. Gefordert wird von der Rechtsprechung ein besonderes Näheverhältnis.

Praxistipp:Wenn Sie bei der Bestimmung des Grades der Verwandtschaft unsicher sind, ob es sich um einen engen Familienangehörigen im Sinne dieser Rechtsprechung handelt, sollten Sie vorsichtshalber immer auch zu dem besonderen Näheverhältnis in der Eigenbedarfskündigung selbst Stellung nehmen. Zu viel oder unnötiger Vortrag schadet nicht, zu wenig möglicherweise schon.

Sonstige Personen: Eigenbedarf für Personen, die nicht zu den Familienangehörigen gehören (Patenkind, Freund, Verlobte, Tochter der Lebensgefährtin, Nebenfrau eines ausländischen Vermieters) kann grundsätzlich nicht geltend gemacht werden. In Ausnahmefällen kann allerdings eine Kündigungsmöglichkeit unter dem Gesichtspunkt des Eigenbedarfs des Vermieters selbst in Betracht kommen.

Problemfall geschiedener Ehegatte: Geschiedene Ehegatten gehören ebenfalls nicht mit zu den engeren Familienangehörigen. Unproblematisch ist aber der Fall, dass der Vermieter die Wohnung für sich selbst benötigt, weil der geschiedene Ehegatte in der bisherigen Familienwohnung verbleibt. Dies ist ein klassischer Fall des Eigenbedarfs.

c. für Personen, die zum Haushalt des Vermieters gehören - Klicken Sie hier für weitere Informationen

Hierzu gehören alle Personen, die auf Dauer (das bedeutet nicht nur vorübergehend) mit dem Vermieter in einer häuslichen Gemeinschaft leben. Viele der in Betracht kommenden Personen, werden bereits wegen ihrer Zugehörigkeit zur Familie (siehe Punkt 3.) zum privilegierten Kreis gehören. Die Vorschrift wird also vor allem für im Haushalt lebende entfernte Verwandte des Vermieters und bei sonstigen im Haushalt lebenden Hilfskräften (Koch, Butler, Hausmeister, Pflegekraft, Reinigungskraft, Hausmädchen/boy) relevant. Für diese Personen kann Eigenbedarf geltend gemacht werden.

Das bedeutet nicht, dass der Vermieter Eigenbedarf nicht auch darauf stützen kann, dass er künftig zum Beispiel eine Pflegekraft benötigt und daher erhöhten Raumbedarf hat. In diesem Fall handelt es sich aber nicht um einen Fall des Eigenbedarfs für Angehörige des Haushalts, sondern um originären Eigenbedarf des Vermieters selbst. Hierbei ist von Seiten der Gerichte ein großzügiger Maßstab anzulegen. Der Vermieter kann einen solchen Eigenbedarf selbst dann geltend machen, wenn er derzeit noch gar keinen Pflegebedarf hat, sondern diesen erst für die Zukunft erwartet.

benötigt.

 

3. Welche Kündigungsfrist ist einzuhalten?

Eine Eigenbedarfskündigung ist grundsätzlich nur als ordentliche  Kündigung des Mietverhältnisses unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zulässig. Das bedeutet, die ordentliche Kündigung darf nicht durch den Mietvertrag ausgeschlossen sein. Ist die ordentliche Kündigung im Mietvertrag eingeschränkt oder erschwert, kann es ebenfalls zu Problemen führen.

Es gelten die gesetzlichen Fristen für die ordentliche Kündigung.

Bei Mietverhältnissen über unbestimmte Zeit gilt: Eine Kündigung ist spätestens bis zum 3. Werktag eines Monats zum Ende des übernächsten Monats möglich.

Beispiel: Eine zum 28.2.2017 wirksame Kündigung muss dem Mieter bis zum 3. Werktag im Dezember 2016 zugehen.

Besonderheit bei der Fristberechnung - Klicken Sie hier

Was aber, wenn der 3. Werktag ein Samstag ist, wie z.B. im Dezember 2016? Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Samstag für den rechtzeitigen Zugang einer ordentlichen Wohnraumkündigung nicht zu berücksichtigen.

Beispiel: Eine zum 28.2.2017 ausgesprochene Kündigung wäre demnach noch bis zum 5.12.2016 möglich.

Für den Vermieter verlängert sich die Kündigungsfrist nach 5 und nach 8 Jahren nach Überlassung des Wohnraums an den Mieter um jeweils 3 Monate.

Beispiel: Falls der Mieter z.B. vor dem 1.12.2006 in die Wohnung gezogen ist, kann ein Mietverhältnis mit einem bis zum 5.12.2011 zugegangenen Kündigungsschreiben nur zum 31.5.2012 gekündigt werden. Wenn der Mieter vor dem 1.12.2003 eingezogen ist, darf mit einem Kündigungsschreiben, welche am 5.12.2011 zugeht, nur zum 31.8.2012 gekündigt werden.

Vertraglich vorgesehene längere Kündigungsfristen sind einzuhalten.

Soweit der Mietvertrag längere Fristen für die ordentliche Kündigung vorsieht, gelten die längeren Fristen zu Gunsten des Mieters.

Die Kündigungsfrist im Video erklärt - Klicken Sie hier


4. Gilt eine Sperrfrist?

Die Sperrfrist im Video erklärt - Klicken Sie hier


5. Ist die Eigenbedarfskündigung mietvertraglich ausgeschlossen?

Der mietvertragliche Ausschluss im Video erklärt - Klicken Sie hier


6. Gibt es eine Anbietpflicht des Vermieters für Alternativwohnungen?

Nachfolgend erläutere ich die Anbietpflichten von freien Alternativwohnungen bei einer Eigenbedarfskündigung. Als Vermieter der nicht nur eine Wohnung im Bestand hat, sollten Sie dies vor Ausspruch einer Eigenbedarfskündigung unbedingt beachten.

Eigenbedarfskündigung – Die Anbietpflicht des Vermieters und ihre Reichweite sowie die Folgen ihrer Verletzung: Hier zum PDF-Dokument.

 

Die Anbietpflicht des Vermieters im Video erklärt - Klicken Sie hier


Grenzen der Anbietpflicht: Grundsätzlich besteht keine Anbietpflicht für Wohnungen, die der Vermieter dauerhaft nicht mehr vermieten will.

Bundesverfassungsgericht: Im Rahmen einer Kündigung wegen Eigenbedarfs steht allein dem Vermieter die Disposition zu, welche Wohnungen aus seinem weiteren Immobilienbestand er dem allgemeinen Wohnungsmarkt zur Verfügung stellt. In diese Dispositionsfreiheit greifen die Fachgerichte in einer gegen GG Art 14 Abs 1 S 1 verstoßenden Weise ein, wenn sie eine Anbietpflicht auch für solche Wohnungen entwickeln, die der Vermieter gerade nicht anderweitig vermieten, sondern selbst (hier: Übergangswohnung für Ehefrau) nutzen will (BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. November 1993 – 1 BvR 904/93 –, juris).


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Zum Abschluss der Einführung noch ein zusammenfassendes Video zu Grundlagen und Voraussetzungen einer Eigenbedarfskündigung

 

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